Ich bin mit Familie in einem Hotelbad. Das Schwimmbecken ist eher für die Große geeignet (brusthohes Wasser) und hat „nur“ eine Einstiegsstelle für den Kleinen. Er tastete sich bis zur vorletzten Stufe und merkte schnell, dass er untergehen würde, würde er weiter laufen. Das erkannte er also schnell als „seinen Tanzbereich“. Ich sitze in unmittelbarer Nähe – falls er untergehen sollte, denn – er hat keine Schwimmhilfen an.
Nach den unschönen Erlebnissen im Schwimmkurs der Großen gehe ich mit meinem Kleinen (3 Jahre) einen anderen Weg. Über eine andere Mama bin ich auf den Ansatz des „Natürlich schwimmen lernen“ von Evelyn Poudubrin gestoßen und gebe meinem Kind jetzt die Möglichkeit ohne Schwimmhilfen sich das Wasser (und Schwimmen) selbst anzueignen.
Ein Fallbeispiel
Nach einiger Zeit, in der mein Kind vor und zurück, hin und her geistert, traue ich mich selbst weiter von ihm weg in die Mitte des Beckens zu meinem anderen Kind. Als ich zurückschaue, sehe ich prompt, wie der Kleine luftschnappend auftaucht. Ich schwimme hin, er erzählt mir, dass er gerade untergegangen ist.
Das passiert nach einer Weile noch einmal. Dieses Mal sitze ich direkt daneben. Mein Sohn schnappt nach Luft und rudert und schaut hilfesuchend zu mir. Ich ziehe ihn hoch und zu mir auf den Arm. Er hustet das geschluckte Wasser ab.
Warum so und kein Schwimmkurs?
Was dramatisch klingt, hat folgende Vorteile für mich:
- 1. Risikoeinschätzung: Mein eher risikobereites Kind musste seit unseren Anfängen im Schwimmbad von mir nie ermahnt werden, dass er sich nicht zu weit ins Wasser wagen soll. Im Hotelbad beispielsweise will ich nach meine Tochter in einem anderen Raum schauen. Er will im Schwimmbecken bleiben. Ich erkläre ihm, dass mir das zu gefährlich ist, ihn dort alleine zu lassen, worauf der sich nach draußen vors Becken setzt und sich nicht von der Stelle rührt, bis ich wieder da bin.
- 2. Er weiß um die Gefährlichkeit des Wassers: Ihm ist klar, wie wichtig es ist, die Nase und Mund über dem Wasser zu halten. Das erzählt er mir oder „rettet“ mich im Spiel, damit mein Mund wieder über Wasser ist. Damit hat er den Hauptzweck des Schwimmens, das Überwasserbleiben, verinnerlicht.
- 3. Selbstsicherheit: Er verlässt sich nur auf sich und nicht auf andere. Wie weit er ins Becken geht oder ob er sich lieber nur am Eingang und Rand aufhält, entscheidet er selbst und lässt sich nicht davon abbringen. Nicht einmal mit einem von uns will er auf dem Rücken ins Tiefere mitkommen.
Langfristige Sicherheit heißt Selbstverantwortung ermöglichen
Natürlich schwimmen lernen heißt, dass wir ihn niemals, unter keinen Umständen alleine im Wasser lassen, denn Ertrinken geht schnell und lautlos. Natürlich schwimmen lernen heißt für uns, dass wir ihn die Konsequenzen seiner Bewegungen selbst entdecken lassen und ihm als Hilfe zur Verfügung stehen. Es heißt, dass wir ihn körperlich und emotional betreuen, wenn er uns braucht.
So beschäftigt er sich nach einigem Auf- und Abklettern im Wasser mit Geländerkontakt damit, um das Schwimmbecken herumzulaufen. Über den Tag hinweg erkundet er noch eine Stufe am Beckenrand und die herausnehmbare Ablaufabdeckung am Rand. Er erprobt Schwimmbewegungen auf der Stufe, bei der ihm das Wasser bis zu Brust geht. Am Rand des brusthohen Beckens ist eine Stufe zum Sitzen – für Erwachsene. Dort läuft er immer weiter rückwärts – und stürzt am Ende der Stufe ins tiefere Wasser. Bevor mein Mann ihn herausziehen kann, hat er sich selbst am Rand herausgezogen.
Ich bin gespannt, ob und wie es weiter geht mit seinem Schwimmen lernen. Was ich tue, ist ihm die Möglichkeit zu geben, beschützt zu üben. Sich selbst retten kann er manchmal schon – auch ohne Schwimmkenntnisse.