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Familienpraxis 

Dr. Simone Lang

Mein Blog

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Kreisläufe – Nachhaltigkeit in der Pädagogik

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In der Debatte um Nachhaltigkeit und die Zukunft unseres menschlichen Fortbestehens decken innovativ denkende Zusammenhänge auf, von denen wir bisher nur ahnten.

Wer gesunden Menschenverstand hat, weiß, dass die Massen an Plastik, die ein Haushalt produziert, sei es von Spülmittelflaschen bis hin zu Frischkäseverpackungen, auf Dauer nicht vom Ökosystem Erde verdaut werden können. Wie sieht es aber in der kleinsten Zelle menschlichen Soziallebens aus? In den Mutter-Kind-Beziehungen, in der Familie?

Alte Bäume geben ihr Wissen an die Kleinen weiter!

Kreisläufe in der Forstwirtschaft zeigen, dass ein ursprünglicher Wald ein riesiger Faktor ist, damit wir die Herausforderungen der nächsten Jahre und Jahrzehnte bewältigen können. Eine Buche produziert neben Sauerstoff durch ihre Pumpwirkung, mit der Sie Wasser aus tiefen Schichten nach oben holt, ein Feuchtigkeitsreservoir. Durch Verdunstung kühlt damit die Umgebungstemperatur in heißen Sommern herunter, so  dass im Wald eine bis zu 20 Grad kühlere Temperatur sein kann, als in der Innenstadt. Dabei spielen Baumfamilien einen wichtige Rolle. 

Die alten Bäume beginnen bereits zu sterben, haben aber ein Erfahrungswissen, das sie, wenn auch nur noch ihre äußere Hülle steht, an ihre Nachkommen weitergeben. Die kleinsten Bäume werden in ihrem Wachstum im Schatten der großen Mutterbäume in ihrem Wachstum so mit Dämmerlicht versorgt, dass sie zunächst eine Stabilität aufbauen, die ihnen als großer Baum, nämlich dann, wenn sie die Großen überwachsen, zugute kommt.

Können da Analogien für die Pädagogik gezogen werden? Naturalistische Argumentationen sind immer schwierig, funktionieren manchmal nur in eine Richtung und werden im Umkehrschluss ungültig, bzw. neigen zu Fehlinterpretationen – je nach dem, der sie auslegt. So bedeutet beispielsweise, dass ein Aufwachsen eines Babys artgerecht sein soll zwar, dass das Gehirn für Reife und Wachstum in den ersten Lebensjahren die unbedingte Geborgenheit und Nähe der Mutter als Bezugsperson braucht. Es bedeutet im Umkehrschluss aber nicht, dass es ausschließlich die Mutter sein soll, die diese Aufgabe übernimmt. Artgerecht kann aber sein, dass in einem Umfeld, das Mütter unterstützt und ihnen diese wichtige Aufgabe leicht macht, sie in diese Symbiose, die es von Anfang des neuen Lebens an ist, als einen wichtigen Teil ihres Seins wahrnimmt.

Aber natürlich 🙂 ist es legitim, aus Beobachtung von funktionierenden Kreisläufen Schlussfolgerungen für andere Ökosysteme zu ziehen.

Das Ökosystem Mutter-Kind-Beziehung…

In der Bindungsforschung wird immer klarer, wie sichtig, die Bindung von Menschen für ihr gesamtes Sein ist. Die Traumatherapie beschäftigt sich mit all den Problemen, die entstanden sind, wenn Kinder in ihrem „So-wie-sie-sind“-Sein gefühlt nicht wahrgenommen wurden. Gefühlt heißt, die Einschätzung von Erwachsenen kann eine andere Sein, als die des Kindes. Das heißt, die Interpretationsleistung der Mutter als erster Bezugsperson ist eine riesige. 

Und: ähnlich wie Baumriesen wissen Mütter in der Verbundenheit mit ihrem Kind oft, was gut und richtig, was falsch und schädlich ist. Diese Ressource wird oft auf einen Namen heruntergebrochen: Oxytocin. Es ist wunderbar, dass die Forschung unterstützt, was im Erfahrungsleben der Mütter (Väter und andere Bezugspersonen sind herzlich eingeladen, sich mitgemeint zu fühlen) eine große Rolle spielt.

Was hat das nun mit Kreisläufen, insbesondere mit der Kreislaufwirtschaft zu tun?

Gesellschaftlich gibt es heute das Paradigma der erwerblich arbeitenden Mutter. Damit kann das interne Familiengleichgewicht empfindlich gestört werden.

… ist unsere wichtigste menschliche Ressource

Wer selbst ein Baby hatte, kann – je nach „Handhabbarkeit“ des Babys, dass es zum Lebensbeginn eher zwei ganze Stellen braucht, das Baby plus Mutter zu versorgen. Stattdessen wird das Ökosystem Mutter-Kind ohne Ausbildung und in der täglichen Versorgungs- und Gesundwerdungsarbeit (der Mutter) zu unterstützen. Ohne Ausbildung deshalb, weil ein Geburtsvorbereitungskurs nicht ausreicht, Grundlagen einer gelingenden Mutter-Kind-Beziehungsarbeit zu vermitteln. Es braucht die großen, alten Bäume im Umfeld, die Wissen haben und den nötigen Schatten spenden und ein zu schnelles Entwachsen aus dem Mutter-Kind-Bett, der Mutter-Kind-Beziehung bremsen. Dieses Wissen ist gesellschaftlich erst am neu Entstehen, haben sich die Lebensabläufe doch seit Jahrhunderten an der Erwerbsarbeit ausgerichtet. Und damit an der Lebensrealität derer, die keine Kinder gebären.

Und: der Umkehrschluss ist hier nicht mitgedacht: Dies schließt Erwerbsarbeit derer, die Kinder gebären, nicht aus. Aber es drückt aus, dass neben einer fehlenden Wertschätzung derer, die diese Arbeit dennoch machen, ein entsprechender Leistungsausgleich unzureichend ist. Die großen Bäume, die Mütter der Mütter, erhalten ebenfalls keine Unterstützung – sei es zeitlichen Freiraum oder ein entsprechendes Entgelt.

Unsere Wirtschaft begründet darauf, dass Mütter Nachwuchs „produzieren“, der dann später Rente zahlt. Und hier kommen wir wieder zu den innovativ denkenden Menschen: Ansätze, das zu ändern gibt es. Wir müssen es nur tun. Insbesondere Johannes Resch vom Verband für Familienarbeit hat hier ein unschlafbar logisches Rentensicherungs- und Familienausgleichsmodell entwickelt, das einen Denkfehler der Nachkriegsgeneration beseitigt. Nämlich den Fehler, dass Familien sowohl weniger Zeit für Erwerbsarbeit haben, da sie Versorgungsarbeit leisten und eine Keimzelle der Gesundheit und innovativer Beziehungskultur sind, die wir aus Gründen der Nachhaltigkeit dringend brauchen. Sondern auch den Fehler, dass alle die, die keine Kinder gebären, materiellen Reichtum sammeln können. Für ein angenehmes Leben im Jetzt und für spätere Notzeiten, wenn der Mensch im Alter und Notzeiten weniger im Erwerb von Geld eingesetzt werden will. Dies belegen Studien über die derzeitige Altersarmut von Müttern – selten sind es Väter oder Menschen ohne Kinder.

Innovative Entwicklungsarbeit in der Familie

Worum es mir als Pädagogin jedoch geht, ist neben der materiellen Komponente im Sinne von Kreislaufwirtschaft auf den Aspekt der Entwicklungsarbeit einzugehen, den heutige Mütter leisten – und vermutlich immer geleistet haben – wurden sie denn gelassen.

Das Buch „Mütter der neuen Zeit“, in dem unter anderem Lisa von der Schulfrei-Bewegung schreibt, zeigt deutlich, wie diese innovative Entwicklungsarbeit in den kleinsten Keimzellen von Menschenfamilien aussieht. Wenn sie denn gelassen werden. Und die Notwendigkeit ist so große, dass mittlerweile tausende an Müttern sind staatlichen Vorgaben widersetzen, Geld, Zeit und Gesundheit, sprich die gesamte eigenen Lebensrealität aufs Spiel setzen, um diese Arbeit zu leisten. Und sie wird uns den Weg zeigen, wie wir ins nächste Jahrhundert gehen müssen.

Oder Nora Imlau, die bindungs- und beziehungsorientiertes Handeln in den staatlichen Strukturen aufzeigt. Oder Nicola Schmidt, die in der Natur mit Familien entwickelt hat, wie menschenwürdiges Leben gelingen kann, wenn es Raum, Wissen und Unterstützung im Umfeld gibt.

Kreislaufwirtschaft in der Pädagogik heißt, zu akzeptieren, dass Beziehungsarbeit in der Familie nicht nach dem dritten Lebensjahr, wenn die kleinen Persönlichkeiten als selbständig genug angesehen werden, durch die staatliche Obhut übernommen werden. Es kann und darf eine Unterstützung sein, ist es aber nie mehr als das. Wollen wir Pädagogik nachhaltig denken, müssen Erziehungs- und Bildungsprozesse immer von den Familien aus gedacht und ausgedacht werden.

Pädagogik – quo vadis?

Übrigens: Mein Erfahrungshintergrund aus der eigenen Innovationsarbeit ist, dass ein Kind sich erst ab vier Jahren für andere Kinder zu interessieren beginnt. Und dass am interessantesten die Älteren sind…

Will eine gesellschaftliche Realität und die Pädagogik als Kunst und Wissenschaft, die den theoretischen, aber erfahrungsbasierten Rahmen dafür vertritt, mutig in eine nachhaltige Zukunft schreiten, braucht es Zeit, Raum, Unterstützung und Begleitung dieser Prozesse. Und gesellschaftliche Realität heißt, gesunde Familien zu haben, vor der Bedrohung durch katastrophal schnelle Naturveränderungen. Gesellschaftliche Realität heißt, menschliches Überleben zu sichern, indem wir uns auf das besinnen, was wirklich zählt.

Weiterführende Literatur und Vernetzung

Mänken, Sabine (Hrsg.): Mütter der neuen Zeit. Genius Verlag. Band 1 und 2.

Wohlleben, Peter: Der lange Atem der Bäume. Ludwig Verlag.

Wohllebens Anleitung für Selbstversorger. Ulmer Verlag.

Verband für Familienarbeit: https://familienarbeit-heute.de/

Das erste Mal Bohren beim Zahnarzt

Gestern hatte mein Kind (5 Jahre) einen Zahnarzttermin – ZUM ERSTEN MAL BOHREN!!! Aaaarghhh, Panik, schlaflose Nächte bei mir in den Wochen davor. 

Am Morgen vorher war ich recht entspannt, ich spielte mit meinem Kind beim Zähne putzen, dass die Zahnbürste abwechselnd mal der Bohrer oder Sauger sind, die Haarnadel diente als Spritze. Rechtzeitig waren wir 5 Minuten vor Beginn da und wurden zügig nach dem Ausziehen ins Sprechzimmer geholt. 

Was tun, wenn mein Kind den Mund nicht aufmacht?

Seitdem mein Kind 2 Jahre alt ist, versuchen wir regelmäßig abends die Zähne zu putzen – wir nutzen eine elektrische Zahnbürste. Es ist eine tägliche Belastungsprobe – es fordert meine ganze Kreativität, dass es möglich wenig auf einen Machtkampf hinausläuft (siehe dazu auch meinen Artikel zum Zähne putzen). 

Als er zum ersten Mal in die Arztpraxis kam, weigerte er sich, überhaupt das Behandlungszimmer zu betreten und wartete lieber draußen. Die nächsten beiden Male kam er mit auf meinen Schoß bzw. stellte sich neben mich. Ich erzählte der Ärztin, wie wir putzen, dass ich bisher nichts sehe. Dabei konnte die Ärztin hier und das einen Blick auf die Zähne erhaschen. Es ging für mich darum, die Zahnarztsituation zu üben und Vertrauen zur Ärztin aufzubauen.

Dann der Schock – beim Putzen stellte ich eine Verfärbung hinten am Backenzahn fest – die erste Karies? Der Zahnarzt bestätigt den Verdacht: Die erste Karies. Wir sind mittlerweile soweit, dass mein Kind sich auf meinem Schoß die Zähne anschauen lässt – zunächst auf dem Besucherstuhl. Er merkt, dass es mir wichtig ist, das vom Arzt abklären zu lassen. Ich erzähle ihm, dass ich nicht sicher bin, ob sich schon die Bakterien, z.B. vom Zucker essen, in einen Zahn reingefressen haben. Dass der Zahnarzt das gelernt hat und besser sehen kann als ich.

Der eigene Standpunkt 

Ich vermute, dass meine eigene innere Klarheit und die Regelmäßigkeit der Übungssituation „Was mache ich beim in der Praxis?“ dazu geführt hat.

Zuhause stellen sich Fragen ein: Was tun? Wie mit der Diagnose umgehen? Was „muss“ sein, wo gibt es Spielräume?

In der Müttergruppe, in der ich nachfrage, wie andere damit umgehen, kommen hilfreiche Tipps, welche Zahnarztpraxen geduldig sind mit Kindern. Es werden präventive Vorschläge gemacht (Die Ernährung zuckerfrei gestalten). Und es gibt die These, dass Karies heilbar sein kann. Ich spüre, dass es mir vor allem um die gute Begleitung meines Kindes geht – so dass er sich möglichst im Vertrauen und mit wenig Schmerzen auf das einlassen kann, was wir als Eltern gut für ihn halten. 

Ich mache einen Termin zum Entfernen der Karies.

Ich erlebe oft, dass ein Kind hinfällt, die Mutter oder der Vater es aufhebt und dann sagt: „Alles gut!“ Den beruhigenden Tonfall mag ich daran – das ist es, was das Kind jetzt gerade braucht: Trost. Mit der Ausssage, dass alles gut sei, habe ich meine Probleme, denn das Kind hat gerade Schmerzen, einen Schrecken bekommen etc. Wie soll das gut sein? Was passiert da im inneren Erleben des Kindes? Es ist aus dem eigenen Gleichgewicht, weint, und gleichzeitig bekommt es vermittelt, dass es die eigene Wahrnehmung übergehen und schnell wieder aufstehen, weitermachen soll. Gefühle wollen einfach durchlebt werden. Das Problem ist, dass es uns selbst so schwer fällt, weil wir es oft bei uns nicht zulassen können.

Was für mich nicht geht, ist, meinem Kind vorzumachen, dass die Zahnbehandlung bestimmt nicht weh tut. Also erzähle ich meinem Kind realistisch, was gemacht wird – es wird die Karies aus dem Zahn heraus gebohrt. Vielleicht tut es weh, vielleicht nicht – das darf mein Kind entscheiden. Was ich ihm auch erzähle, dass es vermutlich nicht so angenehm ist, wenn eine andere Person im eigenen Mund herummacht. Das gefällt ihm schon beim Zähneputzen nicht.

Wie begleite mein Kind in der Arztpraxis? 

Beim nächsten Termin kommen wir mittags an – er ist gerade aus dem Mittagsschlaf aufgewacht. Da er weiß, dass heute gebohrt werden soll, will er nicht aus dem Fahrradanhänger steigen. Ich möchte, dass Karies heraus gebohrt wird und werde bestimmt in meinem Ton. Er fängt an zu weinen. Die Sprechstundenhilfe an der Anmeldung ist genervt. Ich bin gestresst. Gegen seinen Willen hebe ich ihn aus dem Radanhänger und trage ihn auf dem Arm. Wir gehen zum Behandlungszimmer, er klammert sich an mich. Wir reden an der Tür mit dem Zahnarzt. Ich setze mich mit ihm auf den Behandlungsstuhl. Der Zahnarzt spricht mit ihm, er verweigert sich, als es darum geht, den Mund aufzumachen. Er versucht es mit Erklärungen und spricht von dem „Feger“ (= Bohrer), der den „Zahnteufel“ wegfegt. Und von der „Erbeercreme“, die es schafft, dass er den Piks nicht spürt, mit dem der Zahn mit einem Kissen (= Spritze) schlafen gelegt wird.

Er versucht, ihn als „großen Jungen“ zu einer Behandlung zu überreden und zum Schluss mit dem Versprechen Druck aufzubauen, dass er sich das nächste Mal den Zahn behandeln lässt.

Meine Erfahrung ist, dass es bei ÄrztInnen immer nötig ist, das eigene Kind gut zu vertreten. Die Anwältin der Bedürfnisse des Kindes zu sein. Das geht für mich nur durch Entschleunigung und Ausloten dessen, was in dem Rahmen der Praxis möglich ist. Die meisten Zahnarztpraxen sind geduldigt bei den ersten Terminen: Zähne zählen, Zähne einfärben und putzen, Vorstellung der Geräte. Wenn nicht, wechsle ich die Praxis, da ein Arztbesuch für mich Vertrauenssache ist.

Der Plan B

Ich spreche mit dem Zahnarzt, wie nötig eine Behandlung ist, da es Milchzähne sind. Und wie groß das Loch ist. Er hält es für nötig, weil die Karies sich ausbreiten und tiefergehende Schichten schädigen kann.

Wir gehen nach Hause mit dem dritten und letzten Termin in dieser Praxis nach Hause. Danach, so die Praxis der Praxis :-), werden die Kinder in die Klinik zur Behandlung unter Vollnarkose überwiesen. Unter diesem drohenden Damoklesschwert mache ich mir Sorgen. Ich möchte mein Kind nicht dazu zwingen, den Mund aufmachen zu müssen. Also – erstmal entschleunigen. Druck raus nehmen. Checken, was ich will  – und es mit dem Kindsvater besprechen. Informationen einholen. Mir wird klar, eine Behandlung unter Narkose möchte ich nicht. Ich bitte meinen Partner, unser Kind das nächste Mal mit zu seiner Zahnärztin zu nehmen. Er macht einen Termin. Der läuft glücklicherweise ganz in unserem Sinne – die Zahnärztin bestätigt die Diagnose und die Einschätzung des ersten Zahnarztes, ist geduldig mit dem Kind. Und mein Sohn kennt mittlerweile die Abläufe immer besser. Er merkt, dass er mir Glauben schenken kann: Wenn ich sage, dass nur die Zähne gezählt werden, passiert wirklich auch nichts Schlimmeres.

Der Termin

Vor dem Termin zum Zahn bohren reden wir öfter darüber, er will wissen, ob der Termin schon morgen oder nächste Woche ist. Er ist beruhigt, wenn ich versichere, dass es noch länger dauert. Die Woche vor dem geplanten Termin merke ich, dass zuviel los ist und ich es emotional nicht schaffe, ihn gut zu begleiten. Ich verlege den Termin. 

Vor dem tatsächlichen „Bohrtermin“ liegt auch noch der Termin in der Alternativpraxis – was mich total entspannt. 

So ist der Abend und Morgen davor ziemlich entspannt. Mein Kind hat nicht mehr groß nachgefragt und ich habe lediglich erwähnt, dass wir morgen hingehen. Als wir dort ankommen, gleich morgens um 8.15 Uhr, das sind wir alle nach dem Schlafen entspannt, kommt mein Kind wie selbstverständlich mit ins Behandlungszimmer. Ich achte darauf, sehr klar in meiner Körpersprache zu sein und gehe voran. Im Behandlungszimmer setzte ich mich zügig auf den Behandlungsstuhl und nehme ihn auf den Schoß, gebe uns damit Sicherheit.

Zuerst spricht die Sprechstundenhilfe mit meinem Kind, dann kommt der Arzt und plaudert ein wenig mit ihm über das Wetter und was heute ansteht. Als ich merke, dass ihn das Gespräch überfordert, erzähle ich ein wenig. Unter anderem, dass wir gut vorbereitet sind. 

Ich frage, ob er nach dem Auftragen der Paste ausspucken soll und ob das Wasser gleich vorbereitet werden kann – zeige damit meinem Kind den Ablauf. Als der Zahnarzt die Geräte vorstellt und den „Feger“ zeigt, meint mein Kind trocken „Bohrer“. Wir müssen alle Grinsen. Nach einer halben Stunde waren wir fertig – nicht ohne Nerven zu lassen – doch mit einer entfernte Karies und eine Kunststofffüllung im Zahn. Was noch Wochen vorher undenkbar war.

Elternarbeit – was wir alles leisten für unsere Kinder

Ich bin immer wieder begeistert, was wir als Mütter leisten können, wenn wir statt Befremden und Zwang Unterstützung und Mitgefühl in der Begleitung unserer Kinder erleben dürfen. Die Arztbesuche sind ein Klassiker und statistisch gesehen mit einer der größten Angstfaktoren bei Müttern. Damit sich alle Mütter die Zeit leisten können, ihr Kind bewusst und liebevoll zu begleiten kannst du beispielsweise den Verband für Familienarbeit unterstützen, die dafür eintreten, dass Elternarbeit bezahlt wird. Ansonsten wünsche ich dir viel Erfolg und viele schöne Stunden mit deinem Kind!

Links

www.familienarbeit-heute.de 

www.Johannes-Resch.de 

Beitrag in der Zeitschrift Faktum

Bindungsorientiert und bedürfnisorientiert

Zähneputzen – eine never ending story?

Kennst du das? Abends, wenn sowieso in der Familie alle müde sind und nuroch ins Bett wollen, weigert sich dein Kind fürs Zähneputzen den Mund aufzumachen?

Mein jüngeres Kind hatte einen massiven Widerstand, sich die Zähne putzen zu lassen. Gefühlt half alles nix: Kein Gut-Zureden, keine Absprachen, kein Druck. Denn nach Zwangausübung fühlte ich mich gelinde gesagt ziemlich sch… Mist. (Und mein Mann und ich wundern uns, warum mein Kind Schimpfwörter kennt 🙂 )

Heute, nach einem halben Jahr, hat sich unsere Situation merklich entspannt.

Zähneputzen muss sein

Eins ist klar: meine Zähne sind durch mangelnde Pflege in der Kindheit überall von Karies befallen gewesen und wurden in schmerzhaften Sitzungen beim Zahnarzt behandelt. Das möchte ich meinem Kind ersparen. Ich möchte, dass meine Kinder gesunde Zähne haben und, dass Zähneputzen bindungs- und bedürfnisorientiert abläuft.

Doch es gibt so einige Schwierigkeiten dabei. 

  • Wie gehe ich mit meinem Kind um, so dass er und ich bekommen, was wir brauchen?
  • Wie gestalte ich demnach unsere Situation, die schon ein Problem geworden ist?
  • Wie finden Dinge Berücksichtigung, die nur zweitrangig mit der eigentlichen Weigerung meines Kindes zu tun haben? (Zum Beispiel die Absprache mit meinem Partner?)

Es ist irgendwann klar: wir brauchen eine Entschleunigung der Zahnputzsituation. Es braucht eine bewusste Zuwendung zum Widerstand meines kleineren Kindes, um für mich, meinen Mann und die Schwester die Stimmung am Abend zu entspannen. 

Wie ist das bei dir?

Hast du eine grundsätzlich eine entspannte Abendroutine? Oder laufen abends noch andere Sachen aus dem Ruder? Was macht am meisten Probleme, also hat die höchste Priorität? 

Was sind deine „Nebenschauplätze“? Kannst du dich ganz auf die Situation selbst einlassen oder spielen noch andere Personen, Geschwister, Mann eine Rolle und stören dich in einer entspannten Grundhaltung? Gibt es „innere Personen“, die Schwiegermutter, Personen aus der eigenen Kindheit, die dich bestimmen und abhalten, das zu tun, was du eigentlich willst? 

Bist du mit deinem Verhalten deinem Kind gegenüber zufrieden? Wenn nicht, was stört dich an dir selbst?

Zähneputzen: wie es trotz guter Idee bei uns schief gegangen ist 🙂

  • Das Ganze mit Humor nehmen – klappt gut, wenn ich selbst entspannt bin und wir viel Zeit nach hinten haben,
  • das ganze Aussitzen – auch das nur, wenn Zeit nach hinten ist und ich WIRKLICH Geduld habe,
  • ihm eine Geschichte erzählen: von Karius und Baktus, und ihm erklären, warum Zähneputzen wichtig ist – hilft meistens nur kurz, dann überwiegt das Unlust-Gefühl beim „Geputzt-werden“,
  • überlegen, wo er in anderen Situationen sich gerne helfen lässt: z.B. beim Popo abputzen – und mich so verhalten, wie ich es dort tue (nämlich ihn nach mir rufen lassen, wenn er fertig ist), –> da geht er meistens aus dem Badezimmer und spielt lieber,

6 Tipps, wie Zähneputzen spielerisch gelingen kann

  1. nichts mehr für ihn machen, bis wir nicht Zähne geputzt haben,
  2. alle Dinge, die er entscheiden kann – welche Zahnpasta, Motor an oder aus, wo hinsetzen – ihn entscheiden lassen, die Entscheidung für Zähneputzen generell aber treffen,
  3. eine Routine schaffen, dass nach dem Abendessen immer gleich die Zähne geputzt werden,
  4. an einem anderen Platz putzen, wenn der alte Platz gefühlsmäßig schon negativ besetzt ist,
  5. für Ruhe sorgen, dass sich nicht noch zwei weitere Personen im Badezimmer aufhalten und Geräusche machen,
  6. für mich ein Spiel daraus machen – wie lange brauche ich wohl, bis sich das ein bindungs- und bedürfnisorientiertes Zähneputzen bei uns beiden etabliert hat? 3 Wochen? 3 Monate? Drei Jahre? Schaffe ich es vielleicht schneller als gedacht?

Zähneputzen sechs Monate später

Mein Partner und ich haben begonnen, wieder achtsamer miteinander umzugehen. Das war ein längerer Prozess. Meine große Tochter hilft unglaublich gut mit – außer sie ist selbst zu kaputt. Es ist nach wie vor eine Aufgabe, die Situation am Abend zu entschleunigen und genügend Zeit einzuplanen. Und ab und zu geht es noch immer schief.

No family is perfect 😉 Hauptsache, es passt für uns.

Mein Anliegen ist immer auch ein pädagogisches: Ohne eine Orientierung an den Bedürfnissen von allen, auch denen der Kinder, kann es funktionieren. Nur wo bleibt die Liebe?

Ungerechtigkeit als Mutter in der Gesellschaft

Es ist Zeit oder: Meine Wut als Mutter über systemische Ungerechtigkeit

Noch heute wird vielen Frauen und Müttern in der Familienarbeit wie auch im Gesellschaftsrecht vorgeschrieben, was als Mutter „richtig“ ist. Es ist an der Zeit, einige Irrtümer und Glaubenssätze aufzudecken. Deshalb berichte ich hier aus meinem eigenen Muttersein. Denn: Das Private ist in höchstem Maße politisch. 

Außerdem analysiere ich den Rahmen, in dem ich als Mutter in Deutschland lebe, und komme zu der Schlussfolgerung, dass es Zeit ist. Zeit, mutige und innovative neue Schritte zu gehen. Doch in diesem Artikel geht es nicht um meine eigenen, mutigen und innovativen Schritte hin zu einer bindungs- und bedürfnisorientierten Beziehung zu meinen Kindern, sondern um den Rahmen, den Mütter im Allgemeinen für ein gelingendes Muttersein brauchen. Mutterschaft braucht einen vor allem einen finanziellen Rahmen, in dem die eigenen, persönlichen Schritte gut abgesichert sind. Alle Mütter – egal ob verheiratet oder unverheiratet. Diesen Rahmen benenne ich ganz konkret in gesellschaftspolitischen und Forderungen.

Meine eigene Trauer

Ich noch heute, zehn Jahre nach meinem beruflichen Aus an der Universität bin ich manchmal verbittert, wütend oder traurig darüber. Damals sah ich mich gezwungen, meine sehr gut bezahlte, unbefristete Stelle als Dozentin an der Universität aufzugeben. Hauptsächlich aus dem Grund, dass ich Mutter wurde. Mein Kind war ein Schreibaby, das heißt, ich hatte die ersten eineinhalb Jahre bestenfalls 2-3 Stunden Schlaf am Stück. Die beiden kinderlosen Professoren des Institutes hatten kein Verständnis für mich. Universitäre Unterstützungssysteme wie die Mobbingbeauftragte des Personalrates oder die Frauenbeauftragte haben mir nicht geholfen – im Gegenteil. 

Außerdem holten mich während der ersten Jahre viele alte Verletzungen der eigenen Kindheit ein, die erst allmählich beginnen zu heilen. Über die Heilungsarbeit berichtete ich teilweise in meinem Blog.

Meine eigene Existenz war lebensgefährlich bedroht

Meine eigene Existenz und die Existenz meines ersten Kindes waren durch das Aus in meinem Beruf lebensgefährlich bedroht. Existenz meint hier: meine physische, psychische und emotionale Gesundheit von mir und meinem Kind. 

Physisch

  • da mein Körper nach der Geburt heilen musste, 
  • aufgrund der zusätzlichen körperlichen Belastung, das Kind zu tragen, zu wickeln etc.,
  • durch den fehlenden Schlaf.

Psychisch

  • durch die aufkommenden eigenen Kindheitstraumatas,
  • durch fehlende Informationen, was Mutterschaft WIRKLICH bedeutet,
  • durch die hormonelle Umstellung des Körpers, die bewirkte, dass ich mich unter anderem emotional stark an das Kind gebunden fühlte und eine hochsensible Wahrnehmung für Gefahren hatte,
  • durch die Überlastung,
  • durch den Schlafmangel und die permanente Übermüdung noch nach Jahren.

Emotional

  • durch die gefühlte Unsicherheit und einem Gefühl von fehlenden Schutz in verschiedenen Lebenssituationen,
  • durch fehlendes„Genährt-Werden“ in meiner neuen Lebenswirklichkeit als Mutter,
  • durch fehlende emotionale Unterstützung in Beruf und Familie,
  • durch fehlende Anerkennung und Würdigung meiner Leistung als Mutter,
  • durch die Verunsicherung der eigenen körperlichen Veränderungen.

Wer hier Unterstützung sucht, der empfehle ich Ritualarbeit, so wie sie beispielsweise Alexa Szeli anbietet.

Finanziell gerettet hat meine Existenz als Mutter und die meines Kindes mein Status als verheiratete Frau.

Der gesellschaftliche „Normalzustand“ als Mutter

Eine Rückkehr in einen „Normalzustand“ wir vor der Geburt ist noch heute begrenzt möglich. Diese Heilungsarbeit in engerem Sinne hat beim ersten Kind 12 Jahre, beim zweiten etwa 4 Jahre gedauert und ist insgesamt noch nicht abgeschlossen. Als Mutter bin ich gesetzlich 18 Jahre verpflichtet, meine Kinder voll zu verantworten. Nach dem 18. Lebensjahr bei der Finanzierung der Ausbildung beispielsweise auch weiterhin. Das bildet meinen eigenen Wunsch ab, meine Kinder lebenslang zu begleiten. 

Allerdings werden mir gesetzlich diese Pflichten aufgebürdet ohne einen entsprechenden finanziellen Ausgleich. Dies geht systemisch insofern nicht auf, da der Fortbestand unserer Menschheit von unserer Arbeit als Müttern abhängt. Natürlich würde sich das Ganze regeln: Ich sorge jetzt für meine Kinder und später, wenn ich alt bin, sorgen meine Kinder für mich. 

In unserem Gesellschaftssystem habe ich die Aufgabe, für meine Kinder zu sorgen, wenn ich allerdings nicht noch ZUSÄTZLICH erwerblich arbeitete, sind meine Kinder später rechtlich NICHT verpflichtet, für mich zu sorgen.

Einige „Fun-Facts“ zu dem Unterschied von verheirateter und unverheirateter Mutter, die gar nicht so lustig sind

Die Corona-Energieausgleichs-Pauschale

Ganz konkret habe ich diese Ungerechtigkeit aktuell gespürt, als es um den Energieausgleich von 300 Euro der Regierung für den entstandenen Energie-Mehraufwand während der Corona-Lockdowns ging. Hier geht es nur um Energie wie Strom, Wasser etc. nicht um den erhöhten persönlichen Energieaufwand in Form von Stress 😉 als Mutter bekomme ich diese finanzielle Unterstützung nicht – klar, ich hatte ja auch keinen Mehraufwand… Sorry, Sarkasmus. 

Der Vater der Kinder bekommt die 300 Euro zusätzlich zu seinem erwerblichen Lohn ausgezahlt. Wäre ich keine verheiratete Mutter, würde ich nichts bekommen. Zumindest ist mir kein Formular bekannt, über das ich diese Pauschale beantragen könnte, wäre ich unverheiratet. Sollten Sie als LeserIn andere Informationen haben, freue ich mich über die Erweiterung meines Horizontes. 

Die Übernahme der Krankenkassenkosten

Im Zuge meiner eigenen beruflichen Neuorientierung war ich offiziell zwei Jahre im Haupterwerb selbständig und habe monatlich etwa 220 Euro an die Krankenkasse als Sozialversicherung für mich und meine Kinder gezahlt. Da ich von dem Erwerb nicht leben konnte, bin ich seit einiger Zeit offiziell im Nebenerwerb selbständig. Sowohl die Kinder als auch ich sind nun über meinen Mann sozialversichert, was toll ist und ich sehr zu schätzen weiß. Denn die Familienarbeit bleibt die gleiche – wir haben in unserem Familiensystem lediglich intern einige Umstrukturierungen vorgenommen. Diese kommen vor allem den Kindern und mir zugute, da es alle Prozesse entschleunigt und entspannt. Und mein Mann profitiert natürlich auch davon. 

Durchdenke ich diese Regelung, wenn ich eine unverheiratete Mutter wäre, müsste ich mich entscheiden. Entweder Hartz 4 und entschleunigte Prozesse in der Familie, so dass zum Beispiel mein kleines Kind wieder viel ruhiger und ausgeglichener ist, als zur Zeit meiner Arbeit meiner haupterwerblichen Selbständigkeit. Oder die eigene Übernahme der Krankenkassenkosten für mich und die Kinder. Dann wäre Stress und Unzufriedenheit meine ständigen Begleiter. Mein kleines Kind würde es vermutlich in eine ADHS-Symptomatik treiben.

Ehegattensplitting – die staatliche Subventionierung der Ehe

Dadurch, dass ich mit meinem Mann zusammen in einem Haushalt wohne, spare ich eine Menge Kosten. Schließen wir eine Versicherung ab, sind wir beide versichert. Bestellen wir Einkäufe, läuft die Servicepauschale – ob wir jetzt eine oder zwei Personen sind. Die Wohnungsnebenkosten für die Kinder und uns selbst teilen wir uns – eine Müllabfuhr muss nur zu einem Haus und nicht zu zwei Wohnungen kommen, wäre ich unverheiratet und getrennt von dem Vater lebend. 

Eine große Unterstützung ist die steuerliche: Als unverheiratete Frau hatte ich Steuerklasse 1, nun haben mein Mann und ich beide Steuerklasse 4. Zu den eingesparten Kosten durch das Zusammenleben, werden wir steuerlich unterstützt. Allerdings werden Kinder hier in keiner Weise berücksichtigt. Lediglich ein Kinderfreibetrag wird uns angerechnet. Wäre ich unverheiratet, müsste ich mehr Steuern zahlen. Wäre ich dazu noch mit Kindern alleine lebend, hätte ich zusätzlich eine erhöhte Familienarbeit.

Rentenansprüche

Das klingt ziemlich nach einem Paradies als verheiratete Mutter. Doch es gibt auch hier noch ein paar Tücken. Dadurch, dass ich zwar gesetzlich verpflichtet bin, für meine Kinder mindestens bis zu ihrem 18. Lebensjahr zu sorgen, sie aber nicht verpflichtet sind, für mich zu sorgen, wenn sie erwerbsfähig und ich langsam nicht mehr erwerbsfähig bin, muss ich mich finanziell mit dem begnügen, was der Staat als notwendig für mich ansieht. Dass dies nicht so ist, dass ich entspannt und vergnügt im Alter mein Leben gestalten kann, ist hinreichend bekannt und belegt. Nicht nur das. Als unverheiratete Mutter ohne Erwerb könnte ich mit meiner Rente – wie mit dem Hartz 4 Geldbetrag und dem Betrag, den der Vater für die Kinder zahlt, nur mit großen Sorgen und in Armut überleben.

Geld oder Ehre?

In den schamanischen Traditionen gibt es immer Menschen, die „umsonst“ arbeiten und darauf vertrauen, dass für sie gesorgt wird, und Menschen, die etwas für ihre Heilungsarbeit verlangen. Erstere sind eventuell weniger materiell vermögend, werden aber seelisch durch die Anerkennung ihrer Leistung in Form von „Ehrung“ und freiwilligen Gaben genährt.

Wie ist es in unserem Gesellschaftssystem hier in Deutschland geregelt?

Werden die Mütter – können sie sich zumindest die Anerkennung ihrer Leistung sicher sein, wenn sie schon kein Geld damit verdienen? Ist die Mutterschaft in Deutschland ein gesellschaftlich anerkanntes und offiziell gefördertes „Ehrenamt“?

Als verheiratete Mutter ist der Vater das gesellschaftliche Absicherungssystem. Gerade in den ersten Kinderjahren kann der Verlust dieses Status´ existenzbedrohend sein – für Mutter und Kinder. 

Als unverheiratete Mutter, die ihren Mutterpflichten nachkommt, gibt es die Wahl zwischen Unzufriedenheit und Stress in der Familienarbeit, dafür aber finanziellem Überleben oder einem Leben in finanzieller Armut mit ausreichend Zeit für die Kinder. Die Zeit ist dann qualitativ durch Existenzängste und Sorge um das eigene und das Überleben der Kinder geprägt sein. Wenn die Mutter finanzielle Unsicherheit bis hin zur Existenzbedrohung – von der physischen Existenzbedrohung durch den Geburtsvorgang reden wir hier noch nicht einmal – in Kauf nimmt, müsste ihr doch zumindest die Ehre im Sinne einer Anerkennung ihrer Lebensleistung zustehen, oder?

Ehre in der Familienarbeit für den Vater

Damit bekommt der Vater die Anerkennung seiner Arbeitsleistung, die „Ehre“ in mehrfacher Hinsicht:

  • Er erhält die Anerkennung von Mutter und Kindern für seine finanzielle Leistung.
  • Erwerbsarbeit wird höher gewertet als die Be-/Erziehungsarbeit mit den Kindern. Wer das Geld nach Hause bringt, entscheidet oft, wie und für was verwendet ausgegeben wird,
  • Fühlt er sich beruflich wohl, hat er die Anerkennung in einem weiteren Lebensbereich außerhalb der Familie.

Ehre in der Familienarbeit für die Mutter

  • Es gibt keine Rituale, welche die Leistung der Geburt der Mutter feiern. Nicht die Mütter, sondern die Kinder werden mit dem „Geburtstag“ geehrt. Die Lebensleistung der Mutter wird damit unsichtbar gemacht.
  • Es gibt keine Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Mütter sind demnach nach dem ersten „Babyjahr“ existentiell abhängig von ihrer beruflichen Existenz oder dem Vater, wollen sie nicht mit sehr wenig Geld oder in Stress und Unzufriedenheit überleben. Das Gefühl der Abhängigkeit steht dem Gefühl des Gewürdigt-Seins konträr entgegen. Es fehlt die Anerkennung der Leistung als Mutter.

Mir ist der Punkt der Ehre so wichtig, weil wir Mütter gerade in den ersten, extrem anstrengenden Kinderjahren, von der emotionalen Zuwendung anderer leben und abhängig sind wie nie zuvor und nie danach in unserem Leben. Wir können die Kinder nur gut emotional nähren, wenn auch wir emotional satt und zufrieden sind.

Systemische Verschleierung der Tatsachen

Vor allem wird die Aberkennung der Mutterehre allzu oft und gerne durch Tatsachen und Worte verschleiert. Im allgemeinen Sprachgebrauch heißt es: Das Kind wurde am … geboren. Die Mutter ist in dieser gängigen Formulierung unsichtbar. Besser wäre es, zu sagen: „Die Mutter hat das Kind am … geboren.“

Im Magazin der gesetzlichen Rentenversicherung lese ich von der „Rentenfalle“ der Mütter, die gerade nach dem zweiten Kind oftmals der Erwerbsarbeit in nachgehen. Damit liegt in der Formulierung und im Wortsinn die Schuld bei den Müttern.

„Familienarbeit“, dies zeigt sich in der „Rentenfalle“, ist in der gesellschaftlichen Realität vorrangig Müttersache. Es ist damit genau genommen in erster Linie Mutterarbeit und keine Familienarbeit.

Konsequenzen

Aus den oben genannten Punkten leite ich Forderungen ab, welche die öffentlichen politischen Einrichtungen neu regeln müssen. Umsetzbar sind sie dann von Krankenkassen, Unternehmen und politischen Einrichtungen.

Die fehlende Unterstützung der Mütter zeigt sich erstens in der Tatsache des Ehegattensplitting: Egal ob Kind oder nicht, eine Ehefrau oder ein Ehemann ohne Kinder profitieren von der gesetzlichen Steuerregelung. Mutterarbeit wird in der gesetzlichen Steuerlast nicht berücksichtigt. Dies ist umso bitterer, da die Mütter für den Erhalt der Menschheit arbeiten. 

1. Die Verteilung der steuerlichen Last muss so geregelt werden, dass Mütter mit Kindern entlastet werden.

Eine staatliche Subventionierung der Ehe als Lebensform, sprich das Ehegattensplitting, muss abgeschafft werden. Die Ehe hat ihren Platz in der rituellen Anerkennung als besonderer Lebensform, in der sich zwei Menschen füreinander entscheiden. Eine eine finanzielle Aufwertung der Ehe als Lebensform darstellt kann nicht durch eine besondere Belastung dieser Lebensform gerechtfertigt werden, im Gegenteil. 

2. Die Corona-Energieausgleichs-Pauschale muss unabhängig von einer Berufstätigkeit allen Menschen mit Kindern ausgezahlt werden. 

Es ist zu überlegen, ob sie sich an der Kinderzahl orientiert, an den Müttern oder pro betreuender Person, z.B. für Mutter und Vater oder Mutter und Großmutter, ausgezahlt wird. Die Anerkennung der Betreuungsleistung erfolgt durch Selbstangabe und kann bis zu dreimal pro Familie erfolgen.

3. Die Krankenkassenkosten müssen neben den Kindern auch generell für Mütter bis zum 18. Lebensjahr des letzten Kindes übernommen werden. 

Dabei ist es wie bei den Kindern irrelevant, ob die Mutter einer Berufstätigkeit nachgeht oder nicht. Begründet werden kann dieses Vergehen mit dem besonderen Schutz, der der Mutter nach dem Grundgesetz zusteht.

4. Die Geldbeträge für Mütter müssen sich an der Lebenswirklichkeit unverheirateter Mütter ohne Erwerbsarbeit orientieren. 

Die Höhe der Beiträge dürfen sich nicht an einem reinen Überleben überleben, sondern an einem Leben im Wohlstand. Dieser Wohlstand wird von den Müttern selbst definiert. Die Begründung ist die aktuell bestehende psychische Überlastung und Armut von Müttern in Deutschland.

Die finanzielle Absicherung muss ein Leben ohne Armut in den Phasen der besonderes anstregenden Mutterarbeit sicher stellen. Mutterarbeit bedeutet: Bis das letzte Kind 18 Jahre alt ist und in Phasen der Ausbildung der Kinder danach. Dabei müssen die Mütter regelmäßig befragt werden, ob sie selbst die Geldbeträge als ausreichend empfinden. Ist dies bei mindestens 30% nicht der Fall, muss die finanzielle Unterstützung erhöht werden.

Die berufliche Anerkennung haben sich Mütter gegen alle Widerstände hart erarbeitet. Mütter erbringen eine besondere Leistung: sie treten durch die Geburt ihres Kinder neu in die Phase der Mutterschaft ein. Sie stellen sich neu auf ihre Mutterarbeit um und sind gerade in den ersten vier Jahren besonders belastet. Sie sind mindestens achtzehn Jahre über die Kindheit hinweg Tag und Nacht für andere Menschen verantwortlich. Sie tragen den Fortbestand der menschlichen Kultur in besonderem Maße. Nach der Phase der Umstellung von Erwerbsarbeit auf Mutterarbeit und haben viele Mütter ein großes Interesse, auch berufliche Anerkennung zu erhalten. Mütter müssen in den besonderen Lebensphasen der Umstellung von Erwerbsarbeit auf Mutterarbeit und hin in die Erwerbsarbeit zurück mit zusätzlicher Mutterarbeit in besonderer Weise unterstützet werden.

5. Um Mütter in ihren besonderen Leistungsphasen der Umstellung von Erwerbsarbeit hin zu Mutterarbeit und zurück zu unterstützen, brauchen wir eine Mütterquote von mindestens 30% in Unternehmen und Politik.

Die Forderungen sind ein Anfang und erweiterbar.

Forderungen an Politik

Für diese Forderungen braucht es Unterstützung von möglichst vielen Müttern in genau jenen Einrichtungen, die ihr Bedürfnis nach einem gesellschaftlichen Rahmen, der eine gelingende Mutterarbeit, die nicht einseitig zu Lasten der Mütter geht, ebenfalls öffentlich machen. Dafür sind die Forderungen nochmals zusammengefasst.

  1. Die Verteilung der steuerlichen Last muss so geregelt werden, dass Mütter mit Kindern entlastet werden.
  2. Die Corona-Energieausgleichs-Pauschale muss unabhängig von einer Berufstätigkeit allen Menschen mit Kindern ausgezahlt werden. 
  3. Die Krankenkassenkosten müssen neben den Kindern auch generell für Mütter bis zum 18. Lebensjahr des letzten Kindes übernommen werden. 
  4. Die staatliche Finanzierung von Müttern muss sich an der Lebenswirklichkeit unverheirateter Mütter ohne Erwerbsarbeit orientieren. 
  5. Um Mütter in ihren besonderen Leistungsphasen der Umstellung von Erwerbsarbeit hin zu Mutterarbeit und zurück zu unterstützen, brauchen wir eine Mütterquote von mindestens 30% in Unternehmen und Politik.

Fazit

Für die Umsetzung dieser gesellschaftspolitischen Konsequenzen besteht schon seit Jahrzehnten eine riesige Notwendigkeit. Je angespannter die ökologische Lage der Menschheit im Ganzen und der entstehende gesellschaftliche Druck wird, umso dringlicher werden neun, innovative Lösungen. Ein erster Schritt ist es, in die Familiensysteme als kleinster gesellschaftlicher Einheit zu schauen und dort mit der Veränderung anzufangen. 

Es geht um nichts weniger als eine grundlegende gesellschaftliche Neuausrichtung am Bedürfnis der Mütter an ihrer eigenen Existenzsicherung. Ihre Existenz ist gesellschaftlich bedroht dadurch, dass ihr einseitig die Pflicht der Kinderbetreuung aufgebürdet, die Rechte an der Wertschöpfung durch Kinder durch Umverteilung zu großen Teilen genommen wird. Dies zeigt die gesellschaftliche Realität der (Alters-)armut von (unverheirateten) Frauen und der Reichtum von erwerbsarbeitenden Menschen ohne Kinder.

Es ist Zeit für eine mutige, systemische Umstrukturierung: die eine Abschaffung der existentiell bedrohlichen, gesellschaftlichen Ungerechtigkeit für Mütter und ihre Kinder.

Was wir davon erwarten können? Glücklichere Mütter, glücklichere Kinder und eine glücklichere Gesellschaft – hier in Deutschland und überall. Es ist Zeit.

Weiterführende Links

Natürlich schwimmen lernen

Sind Schwimmkurse nötig?

Zuhause in der Badewanne hat mein Sohn, 4 Jahre, entdeckt, dass er kopfüber vom Rand ins Wasser gleiten kann. Er verbiegt sich, es spritzt ordentlich und irgendwie klappt es. Was mich wundert: sogar ohne blaue Flecken. Was nicht fehlen darf, ist die riesige alte Taucherbrille von mir. Ohne Ausrüstung geht nix 🙂

Schwimmen lernen geschieht in der geeigneten Lernumgebung

Gestern Nachmittag sitzen wir im Garten und er fragt mich, ob wir ins Schwimmbad gehen können. Ich bin zögerlich, der Aufwand ist doch hoch. Papa und Schwester sind unterwegs, es steht nichts an und so stimme ich trotz eigene Müdigkeit zu. Das Packen und Mitarbeiten ist ein Selbstläufer bei dem Kleinen, wenn er etwas möchte. So stehen wir eine Stunde später mit dem Tandem in Warnemünde am Schwimmbad.

Unser „Hausschwimmbad“ ist eine halbe Stunde entfernt und kostet reduziert 15 Euro für mich und Kind. Dafür hat es ein großes Kinderbecken, in dem mein Sohn überallstehen kann mit einem Übergang von flach nach brusttief. Es ist mit Salzwasser gefüllt und hat als Zugabe noch eine Rutsche und seitlich Absätze, von denen gesprungen werden kann. Ein Traum fürs Schwimmen lernen als Kleinkind.

Wir schaffen es im Winter so 10mal dorthin, im Sommer, der hier an der Ostsee nicht unbedingt warm ist, knapp 5mal. Das Bad hat ein beheiztes Außenbecken, das mittlerweile für meine 10-jährige Tochter attraktiv ist.

Schwimmen lernen bedeutet Gefahren einzuschätzen

Das wichtigste ist, dass er stehen kann und sich dort sehr sicher ohne Schwimmhilfen bewegt. Er hat verstanden, dass es bei neuen Schwimmbädern oder Seen immer darum geht, ob er stehen kann, das fragt er selbständig bei mir nach. Diese Klarheit im Kopf – Boden unter den Füßen ist meine Sicherheit, ist nicht selbstverständlich, da er ein sehr vorauspreschendes Temperament hat. Wie wir das geschafft haben, beschreibe ich in meinem Artikel “Aus Konsequenzen lernen”.

Was mein Kind heute alles lernt

Als wir im Kinderbecken im Schwimmbad sitzen, weiß ich, warum mein Kind so gerne hierher kommt. Alles, was in der Badewanne nur begrenzt möglich ist, klappt hier raumgreifend und ausufernd:

 – nach vorne werfen, Bauchklatscher machen und eintauchen,

 – sich ins Wasser sinken lassen,

 – unter Wasser paddeln wie ein Hund,

 – nach vorne mit dem Kopf eintauchen,

 – versuchen, den Kopf draußen zu lassen beim Paddeln,

 – die Taucherbrille werfen und wieder hochholen.

Meine eigenen Impulse zurückstellen

Ich sitze die erste halbe Stunde nur dabei und schaue ihm zu. Es ist ein Genuss, wenn ich es schaffe, meine Befürchtung wegzuschieben, dass die Erwachsenen im Becken sich von seiner Spritzerei gestört fühlen. Schade, dass ich es nicht geschafft habe, meiner Tochter einen natürlichen Zugang zum Schwimmen zu ermöglichen. Hätte ich das Wissen damals gehabt, wäre es mir vermutlich schwerer gefallen, da sie viel zurückhaltender ist und ich immer das Gefühl hatte, sie zu etwas animieren zu müssen. Dabei braucht es „einfach“ eine Gefährtin, die selbst authentisch mitfühlt. Bei dem Kleinen bekomme ich nach einiger Zeit und einer kurzen Zwischenmahlzeit Lust, selbst ein bisschen zu plantschen. Da er beginnt, mich vollzuspritzen, strample ich lustvoll Wasser zu ihm zurück, was das Zeug hält. (Nicht ohne abzusichern, dass wir einer Ecke spritzen, wo sich andere nicht gestört fühlen.) Danach ist die Frage nach trockenen Haaren für mich hinfällig, weshalb ich tauchen kann. Später setze ich wieder mich an den Beckenrand.

Mich selbst einbringen

Nach einem Saunagang (ja, es gibt da eine Textilsauna :-)) und Schaukelei im Schaukelstuhl (wer hat den Trend gestartet, Hotelschwimmbäder seit neuestem mit Sofas auszustatten? Der Schaukelstuhl ist auf jeden Fall der Hit!) geht es wieder zurück in Kinderbecken. Ich bekomme ein Schwimmtier von meinem Kind gebracht, auf dem ich herumpaddle. Was es als Erwachsene nicht alles neu zu entdecken gibt. Ich sitze leicht vornübergebeugt, vermutlich wird meine Bauchmuskulatur benötigt, die zur Rückbildung der „Rektaldiastase“ nicht angespannt werden soll (ja, ist nach vier Jahren immer noch da …). Doch es ist erstaunlich, wie leicht ich durchs Wasser pflüge. Es entsteht ein Ein- und Aussteigespiel mit meinem Kind. Wasserball wegwerfen, Wasserball holen. Ich bin angenehm erschöpft und es wird Zeit, aufzubrechen. Auf der Rückfahrt schläft mein Kind in der Straßenbahn ein. Ich habe am nächsten Tag eine ordentliche Muskelkatze in Bauch und Rücken.

Sind Schwimmkurse nötig? 

Nach meinen bisherigen Beobachtungen, wird sich mein Kind selbst das Schwimmen beibringen. Das sagen auch die jahrelangen Erfahrungen der Online-Schwimmschule von Evelyn Poudubrin und die Erfahrung einer Bekannten mit ihrer Tochter, die mittlerweile das Seepferdchen gemacht hat. Alles was ich mache, ist meinem Kind einen Rahmen zu schaffen, in dem er sich geschützt ausprobieren kann.

Einen Raum oder eine passende Lernumgebung zu schaffen, hat mehrere Aspekte: es gibt materielle, soziale, zeitliche Aspekte. Auch das Schaffen einer entspannten Atmosphäre gehört dazu.

Materialer Raum 

Welches Schwimmbad/ welches Becken ist geeignet? Gehe ich in einen See, einen Fluss/ Bach oder ins Meer? In einem natürlichen Gewässer hat die Frage nach der Gefahr z.B. durch Strömung im Meer eine andere Qualität als in einem Schwimmbad.

Sozialer Raum

  • Die Kommunikation mit anderen

Fühle ich mich gestört? Entschuldige ich mich für die Spritzerei meines Kindes? Ignoriere ich Blicke? Gehe lieber dann ins Bad, wenn nichts los ist?

  • Die Kommunikation mit meinem Kind

Generell stelle ich meine Impulse zurück und mache ihm keine Vorgaben (was besonders zu Anfang schwer, aber auch besonders wichtig war. Er hat zunächst einfach nur am Rand und an den Stühlen gespielt.)

Ich bringe mich selbst einbringe, wenn ich Lust habe, denn ich bin auch Teil des Wasserspiels.

Zeitlicher Raum

Das Drei-Stunden-Ticket reicht gut aus. Ich achte auf meine und seine Ermüdungsanzeichen. Ich vorher mehrere Signale, dass wir bald gehen, um ihm ein Einstellen auf den Abschied vom Wasser zu ermöglichen.

Jahreskreisfeste mit Kindern feiern

Jahreskreisfeste mit Kindern: Sommersonnwende

Die Sommersonnwende lässt sich charakterisieren als das Fest der Fülle, der Hoch-Zeit, dem Höhepunkt des Jahres. Die Natur steht in voller Pracht, die Pflanzen haben nach den Blättern und Stengeln ihre Blüten entwickelt. Ab diesem längsten Tag des Jahres geht die Kraft mit dem wieder schwindenden Sonnenlicht zurück und in die Früchte und Wurzeln. 

Der kraftvolle Charakter des Festes

Die Charakterfarbe ist rot – für die roten Blüten, Früchte und die Farbe des Archetypus der roten Göttin-Mutter mit ihrer lebensspendenden und nährenden Kraft. Am 21. Juni selbst war ich mit den Kindern alleine zuhause. Am Nachmittag las ich dem Jüngeren (4 Jahre) aus dem Buch „Ernte-Sommer“ von Diana Monson vor (aktuell mit zwei weiteren Bänden unter dem Titel „Lebenslustig – mit Kindern durch den Jahreskreis“ erhältlich).

Wann wird es dunkel?

Mir wurde klar, dass ich gerne auch den Tag und Abend selbst würdigen wollte, auch wenn eine Feier mit allen am Wochenende danach geplant war. Ich möchte schauen, um welche Uhrzeit es dunkel wird, den Anfang der Nacht vielleicht sehen. Die Kinder frage ich, wann sie denken, wann es dunkel wird und tippe selbst aus der Erfahrung der letzten Jahre auf halb zwölf. Und hier oben im Norden sind die kürzesten Nächte oft schon um halb vier dann wieder vorbei.

Was immer und recht spontan geht, ist ein Feuer anzuzünden, denn der Papiermüll ist immer voll, Stöcke und Reisig können die Kinder im Park nebenan sammeln und Kaminholz lagert am Haus. Gedacht, geplant, getan – am Abend stellten wir unsere alte, zur Feuerschale umfunktionierte Wockschale auf der Terrasse auf, weil hier noch die letzten Sonnenstrahlen leuchteten und wärmten. 

Stockbrot selbst machen

Das Stockbrot ist schnell vorbereitet:

  • Dinkel- und Roggenmehl, Menge nach Belieben (ich nehme am Anfang weniger Mehl, da ich mit der Flüssigkeit oft nochmal nachschütten muss, bis der Teig eine schöne Konsistenz hat, die nicht mehr an den Fingern klebt),
  • wenn der Teig süßer werden soll, gemahlene Haselnüsse,
  • Wasser,
  • Backpulver,
  • eventuell Salz und Samen wie Sesam- oder Sonnenblumenkörner.

Bei uns geht zurzeit das Haselnussbrot super. 

Nach dem Anzünden dauert es eine Weile, bis eine Glut entstanden ist. So lange knabbere ich meinen Salat und lege immer mal wieder Holz nach.

Die Kinder verputzen beide zwei Stockbrote. Als der erste Hunger gestillt ist, wird der Jüngere unruhig und beginnt seine Schwester mit dem Stock zu ärgern. Die will noch in Ruhe zu Ende essen und reagiert entsprechend ungehalten.

Streiterei am Feuer

Ich bin mit drei Sachen gleichzeitig beschäftigt – das heruntergebrannte Feuer am Laufen zu halten, ein Stockbrot auf den Stock zu wickeln, und meine zweiten Teller Salat mit verändertem Dressing (das Erste war zu dünn) zu essen. Und eigentlich will ich mich auch langsam auf die näherkommende Nacht einstimmen und besinnlich im Garten herum schauen …

Nicht mit unserem jüngsten Kind. Oft weiß ich es wertzuschätzen, dass er uns auf Trab hält, uns nicht einrosten oder festsitzen lässt. Doch heute habe ich mir eine andere Energie gewünscht und bin dementsprechend enttäuscht, dass der Jüngste uns nicht entspannt müde werden lässt. Irgendwann platzt mir der Kragen und beordere beide nach drinnen, bin aber so enttäuscht von dem Ende, dass ich mich nochmal an den Tisch setze und in Tränen ausbreche. Der Kleine versteht erst, wenn ich weine, dass ich traurig bin. Wenn er meine Tränen sieht und spürt, was in mir vorgeht. Dann ist er bereit, sich einzulassen auf das, was mir wichtig ist.

Ausklang mit Kerzen

Nach einer Ansprache an die Kinder, das es mir wichtig ist, diesen Abend und dieses Fest zu begehen, lesen wir nochmal im Erntesommer-Buch. Ich wünsche mir, dass wir zusammen überlegen, was wir am Wochenende zu unserem „offiziellen“ Fest machen wollen. Wir zünden zwei Kerzen an. Es stellt sich doch noch ein Zauber der Nacht ein. 

Mir kommt die Idee, dass wir ja – wenn schon nicht draußen im Zelt schlafen, dann können wir doch gemütlich vor unserem Bett auf dem Teppichboden schlafen. Undim Kerzenschein die herabfallende Dunkelheit draußen durchs Fenster beobachten. Und langsam müde werden und einschlafen.

Das Nachtlager

Während ich dem Jüngeren die Zähne putze, verzieht sich die Große geheimnisvoll nach oben. Als wir ins Schlafzimmer kommen, hat sie ein komplettes Lager aus Bettdecken, Schlafsäcken und Kissen vorbereitet, in das wir uns kuscheln. Lange schaffe ich es nicht mehr, vorzulesen. Nach der Hälfte des Buches gebe ich auf und schlafe völlig entspannt ein.

Obwohl es nicht spektakulär scheint, ist es das, was mein Leben wertvoll macht. Den Zauber, die Magie der Welt mit den Menschen zu erleben, die mir am wichtigsten sind. Und da braucht es meist gar nicht viel, sondern es geht spontan viel mehr als gedacht. Auch wenn so eine geplante Erdbeertorte für das Wochenende auch schön ist. Am nächsten Morgen hat meine Tochter übrigens verkündet: Um elf Uhr wurde es dunkel! Wenigstens eine, die aufgepasst hat.

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Dr. Simone Lang
Blog zum Thema Schreibaby und Lernen

In meinem Blog geht es vor allem um die Baby- und Kleinkindzeit.
Nach der Geburt meines ersten Kindes fühlte ich mich trotz pädagogischer Ausbildung auf mich alleine gestellt. Über die Erfahrungen zum Thema Schreikind schreibe ich nun im Blog und habe sie außerdem in einem Buch aufgearbeitet.
Du möchtest eine schnelle Hilfe für konkrete Handlungssituationen?
Lade dir HIER meine 5-Schritte-Formel zur Begleitung von Schreibaby herunter!

  • Während meiner Ausbildung habe ich eine Menge Theorie vermittelt bekommen. Leider war die wenig mit der Praxis verknüpft. Ich habe mich gefragt:
    Wie können diese gut klingenden, pädagogischen Leitlinien oder Begriffe wie „Erziehung vom Kinde aus“ in konkreten Handlungssituationen umgesetzt werden? Zum Beispiel: Welche Lernräume braucht es, damit mein Kind in ein freies Spiel kommen kann?
  • Wo liegen die Schwierigkeiten im Detail? Zum Beispiel: Wie sieht Beziehungsorientierung aus, wenn meine jüngeres Kind nicht Zähne putzen will
  • Welche Lösungen haben wir in unserer Familie gefunden und welche Unterstützung haben wir uns gesucht?
    Du möchtest, dass sich deine Kinder weniger streiten? Dann können dir kooperative Spiele helfen.
    Lade dir HIER den Spieleschatz mit Empfehlungen für Kinder im Alter von 3 bis 12 Jahren herunter.

Familienpraxis Dr. Simone Lang

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