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Familienpraxis 

Dr. Simone Lang

www.familienpraxis-lang.de
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In der Debatte um Nachhaltigkeit und die Zukunft unseres menschlichen Fortbestehens decken innovativ denkende Zusammenhänge auf, von denen wir bisher nur ahnten.

Wer gesunden Menschenverstand hat, weiß, dass die Massen an Plastik, die ein Haushalt produziert, sei es von Spülmittelflaschen bis hin zu Frischkäseverpackungen, auf Dauer nicht vom Ökosystem Erde verdaut werden können. Wie sieht es aber in der kleinsten Zelle menschlichen Soziallebens aus? In den Mutter-Kind-Beziehungen, in der Familie?

Alte Bäume geben ihr Wissen an die Kleinen weiter!

Kreisläufe in der Forstwirtschaft zeigen, dass ein ursprünglicher Wald ein riesiger Faktor ist, damit wir die Herausforderungen der nächsten Jahre und Jahrzehnte bewältigen können. Eine Buche produziert neben Sauerstoff durch ihre Pumpwirkung, mit der Sie Wasser aus tiefen Schichten nach oben holt, ein Feuchtigkeitsreservoir. Durch Verdunstung kühlt damit die Umgebungstemperatur in heißen Sommern herunter, so  dass im Wald eine bis zu 20 Grad kühlere Temperatur sein kann, als in der Innenstadt. Dabei spielen Baumfamilien einen wichtige Rolle. 

Die alten Bäume beginnen bereits zu sterben, haben aber ein Erfahrungswissen, das sie, wenn auch nur noch ihre äußere Hülle steht, an ihre Nachkommen weitergeben. Die kleinsten Bäume werden in ihrem Wachstum im Schatten der großen Mutterbäume in ihrem Wachstum so mit Dämmerlicht versorgt, dass sie zunächst eine Stabilität aufbauen, die ihnen als großer Baum, nämlich dann, wenn sie die Großen überwachsen, zugute kommt.

Können da Analogien für die Pädagogik gezogen werden? Naturalistische Argumentationen sind immer schwierig, funktionieren manchmal nur in eine Richtung und werden im Umkehrschluss ungültig, bzw. neigen zu Fehlinterpretationen – je nach dem, der sie auslegt. So bedeutet beispielsweise, dass ein Aufwachsen eines Babys artgerecht sein soll zwar, dass das Gehirn für Reife und Wachstum in den ersten Lebensjahren die unbedingte Geborgenheit und Nähe der Mutter als Bezugsperson braucht. Es bedeutet im Umkehrschluss aber nicht, dass es ausschließlich die Mutter sein soll, die diese Aufgabe übernimmt. Artgerecht kann aber sein, dass in einem Umfeld, das Mütter unterstützt und ihnen diese wichtige Aufgabe leicht macht, sie in diese Symbiose, die es von Anfang des neuen Lebens an ist, als einen wichtigen Teil ihres Seins wahrnimmt.

Aber natürlich 🙂 ist es legitim, aus Beobachtung von funktionierenden Kreisläufen Schlussfolgerungen für andere Ökosysteme zu ziehen.

Das Ökosystem Mutter-Kind-Beziehung…

In der Bindungsforschung wird immer klarer, wie sichtig, die Bindung von Menschen für ihr gesamtes Sein ist. Die Traumatherapie beschäftigt sich mit all den Problemen, die entstanden sind, wenn Kinder in ihrem „So-wie-sie-sind“-Sein gefühlt nicht wahrgenommen wurden. Gefühlt heißt, die Einschätzung von Erwachsenen kann eine andere Sein, als die des Kindes. Das heißt, die Interpretationsleistung der Mutter als erster Bezugsperson ist eine riesige. 

Und: ähnlich wie Baumriesen wissen Mütter in der Verbundenheit mit ihrem Kind oft, was gut und richtig, was falsch und schädlich ist. Diese Ressource wird oft auf einen Namen heruntergebrochen: Oxytocin. Es ist wunderbar, dass die Forschung unterstützt, was im Erfahrungsleben der Mütter (Väter und andere Bezugspersonen sind herzlich eingeladen, sich mitgemeint zu fühlen) eine große Rolle spielt.

Was hat das nun mit Kreisläufen, insbesondere mit der Kreislaufwirtschaft zu tun?

Gesellschaftlich gibt es heute das Paradigma der erwerblich arbeitenden Mutter. Damit kann das interne Familiengleichgewicht empfindlich gestört werden.

… ist unsere wichtigste menschliche Ressource

Wer selbst ein Baby hatte, kann – je nach „Handhabbarkeit“ des Babys, dass es zum Lebensbeginn eher zwei ganze Stellen braucht, das Baby plus Mutter zu versorgen. Stattdessen wird das Ökosystem Mutter-Kind ohne Ausbildung und in der täglichen Versorgungs- und Gesundwerdungsarbeit (der Mutter) zu unterstützen. Ohne Ausbildung deshalb, weil ein Geburtsvorbereitungskurs nicht ausreicht, Grundlagen einer gelingenden Mutter-Kind-Beziehungsarbeit zu vermitteln. Es braucht die großen, alten Bäume im Umfeld, die Wissen haben und den nötigen Schatten spenden und ein zu schnelles Entwachsen aus dem Mutter-Kind-Bett, der Mutter-Kind-Beziehung bremsen. Dieses Wissen ist gesellschaftlich erst am neu Entstehen, haben sich die Lebensabläufe doch seit Jahrhunderten an der Erwerbsarbeit ausgerichtet. Und damit an der Lebensrealität derer, die keine Kinder gebären.

Und: der Umkehrschluss ist hier nicht mitgedacht: Dies schließt Erwerbsarbeit derer, die Kinder gebären, nicht aus. Aber es drückt aus, dass neben einer fehlenden Wertschätzung derer, die diese Arbeit dennoch machen, ein entsprechender Leistungsausgleich unzureichend ist. Die großen Bäume, die Mütter der Mütter, erhalten ebenfalls keine Unterstützung – sei es zeitlichen Freiraum oder ein entsprechendes Entgelt.

Unsere Wirtschaft begründet darauf, dass Mütter Nachwuchs „produzieren“, der dann später Rente zahlt. Und hier kommen wir wieder zu den innovativ denkenden Menschen: Ansätze, das zu ändern gibt es. Wir müssen es nur tun. Insbesondere Johannes Resch vom Verband für Familienarbeit hat hier ein unschlafbar logisches Rentensicherungs- und Familienausgleichsmodell entwickelt, das einen Denkfehler der Nachkriegsgeneration beseitigt. Nämlich den Fehler, dass Familien sowohl weniger Zeit für Erwerbsarbeit haben, da sie Versorgungsarbeit leisten und eine Keimzelle der Gesundheit und innovativer Beziehungskultur sind, die wir aus Gründen der Nachhaltigkeit dringend brauchen. Sondern auch den Fehler, dass alle die, die keine Kinder gebären, materiellen Reichtum sammeln können. Für ein angenehmes Leben im Jetzt und für spätere Notzeiten, wenn der Mensch im Alter und Notzeiten weniger im Erwerb von Geld eingesetzt werden will. Dies belegen Studien über die derzeitige Altersarmut von Müttern – selten sind es Väter oder Menschen ohne Kinder.

Innovative Entwicklungsarbeit in der Familie

Worum es mir als Pädagogin jedoch geht, ist neben der materiellen Komponente im Sinne von Kreislaufwirtschaft auf den Aspekt der Entwicklungsarbeit einzugehen, den heutige Mütter leisten – und vermutlich immer geleistet haben – wurden sie denn gelassen.

Das Buch „Mütter der neuen Zeit“, in dem unter anderem Lisa von der Schulfrei-Bewegung schreibt, zeigt deutlich, wie diese innovative Entwicklungsarbeit in den kleinsten Keimzellen von Menschenfamilien aussieht. Wenn sie denn gelassen werden. Und die Notwendigkeit ist so große, dass mittlerweile tausende an Müttern sind staatlichen Vorgaben widersetzen, Geld, Zeit und Gesundheit, sprich die gesamte eigenen Lebensrealität aufs Spiel setzen, um diese Arbeit zu leisten. Und sie wird uns den Weg zeigen, wie wir ins nächste Jahrhundert gehen müssen.

Oder Nora Imlau, die bindungs- und beziehungsorientiertes Handeln in den staatlichen Strukturen aufzeigt. Oder Nicola Schmidt, die in der Natur mit Familien entwickelt hat, wie menschenwürdiges Leben gelingen kann, wenn es Raum, Wissen und Unterstützung im Umfeld gibt.

Kreislaufwirtschaft in der Pädagogik heißt, zu akzeptieren, dass Beziehungsarbeit in der Familie nicht nach dem dritten Lebensjahr, wenn die kleinen Persönlichkeiten als selbständig genug angesehen werden, durch die staatliche Obhut übernommen werden. Es kann und darf eine Unterstützung sein, ist es aber nie mehr als das. Wollen wir Pädagogik nachhaltig denken, müssen Erziehungs- und Bildungsprozesse immer von den Familien aus gedacht und ausgedacht werden.

Pädagogik – quo vadis?

Übrigens: Mein Erfahrungshintergrund aus der eigenen Innovationsarbeit ist, dass ein Kind sich erst ab vier Jahren für andere Kinder zu interessieren beginnt. Und dass am interessantesten die Älteren sind…

Will eine gesellschaftliche Realität und die Pädagogik als Kunst und Wissenschaft, die den theoretischen, aber erfahrungsbasierten Rahmen dafür vertritt, mutig in eine nachhaltige Zukunft schreiten, braucht es Zeit, Raum, Unterstützung und Begleitung dieser Prozesse. Und gesellschaftliche Realität heißt, gesunde Familien zu haben, vor der Bedrohung durch katastrophal schnelle Naturveränderungen. Gesellschaftliche Realität heißt, menschliches Überleben zu sichern, indem wir uns auf das besinnen, was wirklich zählt.

Weiterführende Literatur und Vernetzung

Mänken, Sabine (Hrsg.): Mütter der neuen Zeit. Genius Verlag. Band 1 und 2.

Wohlleben, Peter: Der lange Atem der Bäume. Ludwig Verlag.

Wohllebens Anleitung für Selbstversorger. Ulmer Verlag.

Verband für Familienarbeit: https://familienarbeit-heute.de/

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