Schreibabys verunsichern ihre Eltern dadurch, dass sie gefühlt zu viel „negatives Feedback“ geben. Sie lassen sich nur schwer oder gar nicht beruhigen, wofür die Eltern die Gründe bei sich selbst suchen. Ich habe mit der Beraterin in der „Schreiambulanz“ Rostock ein Interview geführt, aus dem folgendes Beispiel stammt.
Aus der Hilflosigkeit in die Selbstsicherheit kommen
Es handelt von einem von den Eltern lang ersehnten Kind, das nach mehrmaliger künstlicher Befruchtung endlich da war und dann exzessiv schrie. Das permanente Schreien brachte die Eltern über ihre Belastungsgrenze hinaus.
Die Diagnose der Beraterin war, dass ein Kind mit zwei, drei Monaten noch nicht können muss, was ihm mit zehn Monaten zugetraut werden kann. So war der Vorschlag der Ruheberaterin, dem Kind zunächst einmal alle Hilfe zu gegeben, die es brauchte. Hilfe, um Stabilität zu erlangen, um Sicherheit zu finden und um „überhaupt in dieser Welt anzukommen“. In diesem Fall war das: es viel am Körper zu tragen, wo es sich wohl fühlte.
Das Kind sollte, solange die anfänglichen, tief greifenden Reifungsprozesse im Kind stattfanden, die Unterstützung bekommen, die es brauchte.
Es ging darum, Entlastung zu schaffen und Entspannung, so dass sich alle drei zunächst einmal kennenlernen konnten die Eltern ihr Kind, das Kind die Eltern, das Paar sich in der neuen Situation. Erst wenn das Kind stabiler wäre und die Eltern sich sicherer fühlten, sollte geschaut werden, wie es weiter gehen sollte. Welche selbstregulatorischen Kompetenzen es dann lernen sollte, um selbst etwas für sich zu leisten, das die Eltern bis dahin übernommen hätten.
Intuition
Mütter haben generell meist eine gute Intuition, die allerdings mit der Zeit von Gefühlen wie Angst oder Hilflosigkeit überlagert sein können. Eltern sind nicht mehr in ihrer Kraft und verlieren mit der Zeit ihre Zuversicht. In der Familie aus dem Fallbeispiel waren die intuitiven Beruhigungsfähigkeiten – so die Diagnose der Beraterin – war sie aus Angst verschüttet, weil es im Vorfeld so viele Schwierigkeiten gegeben hatte. Es war die Angst, die Situationen nicht bewältigen zu können und ihrem Kind nicht gerecht zu werden.
Die Entspannung der Schreisituationen
In dem Fall kam praktische Hilfe und die Entspannung der Situation durch Netzwerke im Umfeld. Der Ratschlag der Ruheberaterin zur Entlastung der Gesamtsituation an die Mutter lautete, dass diese sich „mit ihrem Kind im Arm den ganzen Tag aufs Sofa setzen solle, es stillen, wenn es Hunger bekam, und mit ihm reden sollte, wenn es offen und bereit für Interaktion war“ und den Rest den Großeltern zu überlassen.
Es waren beide Großeltern vor Ort und zur Unterstützung bereit. Für die Eltern war es eine Schlüsselerkenntnis, dass sie sich erlaubten, ihr Kind nicht alleine großziehen zu müssen. So kochten die einen Großeltern abends und bereiteten etwas für den nächsten Tag vor, die anderen Großeltern machten die Wäsche und gingen abends mit dem Kind im Wagen drei Stunden spazieren. Hier wurde das familiäre Netzwerk die zentrale Hilfe für die Eltern.